Eintrag ins Kriegstagebuch von Egon Schiele
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Eintrag ins Kriegstagebuch von Egon Schiele Bild 2
Eintrag ins Kriegstagebuch von Egon Schiele Bild 3
Albertina, Wien
ESDA ID
1103
Nebehay 1979
1018
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 321/28r–29r
Datierung
22.06.1916 (eigenhändig)
Material/Technik
Bleistift auf Papier
Maße
16,2 x 10 cm
Transkription
22. Juni, 1916. Donnerstag.

ich kam in die Kanzlei und ging um
½ 10h wieder fort – vorerst wollte
ich Did [1] verständigen daß wir gleich
mit dem Zug um 10.13 fahren. –
||
ich erreichte sie noch auf der Straße –
dann wollte ich meine Mutter
u. Schwester [2] verständigen – die
waren aber nicht im Gasthof. –
ich ließ eine Karte zurück und
ging nach Mühling zurück. –
Did war bereits fertig. –
Wir erreichten den Zug und fuhren
bis Kienberg-Gaming – von
dort mit dem Postwagen bis
zum Gasthof Höllriegl in Gaming.
– Dort waren wir auch mittag-
essen. – Nach einem Rundgang
durch den Ort kamen wir
längst [!] der Hauptstrasse zu
einen [!] herrlichen Wildpark
und zu dem Karthäuserkloster –
es ist eine alte gotische, spitze
Kirche, – daneben und rund-
herum Häuser mit spitzen
Dächern u. dazwischen die üppigsten
Bauerngärten. – Um 3h
fuhren wir mit dem Zug der
Ybbstalbahn weiter nach Lunz.
– Die Bahn steigt stark an und
in einem großen Bogen zu
dem man eine halbe Stunde
Bahnfahrt braucht erreicht man
Lunz. – Der Ort selbst
||
ist nicht am See – es gibt in
nächster Nähe steile Berge und
eine kernige Luft. – In Lunz
am Bahnhof trafen wir mit
meiner Mutter u. Schwester zu-
sammen – wir alle ließen
uns Butterbrote und Soda Himbeer
und Wein schmecken. – Dann
gingen wir am See – dort
bekam man Salami u. Käse.
– Gleich neben dem Strandrestaurant
ist das Bootshaus. – Did, Melanie
und ich fuhren eine Stunde lang
im See herum. – wir waren
bis am anderen Ende. –
Es war ein schöner sonniger
Tag und die Berge blau und
scharf gezeichnet gegen den Himmel.
– Dann kamen wir zurück in
das erste Restaurant wo wir
zu[m] Abendessen blieben und dann
in der Mansarde ein nettes
großes, helles Zimmer mieteten
– Schade daß ich um 4h früh schon
auf mußte und um 5h wieder
wegfahren mußte.
Anmerkungen
[1] Edith Schiele, geb. Harms (1893–1918).
[2] Marie Schiele, geb. Soukup (1862–1935); Melanie Schiele (1886–1974).
Provenienz
Max Wagner, Wien
1954: Albertina, Wien (Legat)
Erfasst in
Comini/Alb. Stud. 1966, S. 86-102, S. 101; Nebehay 1989, S. 175-188
Eigentümer*in
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien

Verknüpfte Objekte

(+-)
PURL: https://www.egonschiele.at/1103