Eintrag ins Kriegstagebuch von Egon Schiele
Albertina, Wien
ESDA ID
1004
Nebehay 1979
919
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 321/14r–15r
Datierung
04.04.1916 (eigenhändig)
Material/Technik
Bleistift auf Papier
Maße
16,2 x 10 cm
Transkription
4. April, 1916. Dienstag
um 7h war ich in Liesing – vor-
||
mittags wurde über Wachdienst Schule
gehalten. – mittags zwischen
11 und ½ 1h war ich am Berg, –
es war ein herrlicher sonniger Tag
– bloß windig. – aber herrlich
sah ich junge Bäume mit jungen
hellgrünen Knospen. – Zu
mittags nach 1h ging ich als
Aufführer auf die Wache 13 in
der Sarg’schen Kerzenfabrik.
Das Wachzimmer ist ein grüner
Raum wo verschiedene Heizrohre
durchlaufen, nebenan ist eine
Kantine wo gegen Marken
gutes Bier ausgeschenkt wird. –
einen [!] von den Posten muß
im Bezirksgericht als
Kassaposten aufgeführt werden.
– abends wurde über den Krieg
depatiert [!] – wie unlustig alle
Soldaten sind mit denen
ich bisher zusammen kam
ist ganz eigentümlich –
ein jeder wünscht ein Ende
des Krieges gleichgiltig [!] auf
welche Art. – speziell mir
ist es egal wo ich lebe, d. h. [das heißt]
welcher Nation ich angehöre,
||
besser unter welcher Nation ich lebe. –
Jedenfalls aber neige ich weit
mehr auf die drübere Seite,
also unsere Feinden – ihre Länder
sind viel interessanter als unsere
– dort gibt es wirklich Freiheit
– und Denkende mehr als bei
uns. Was soll man aber heute
über den Krieg sagen, – schade
um jede Stunde der Fortdauer.
um 7h war ich in Liesing – vor-
||
mittags wurde über Wachdienst Schule
gehalten. – mittags zwischen
11 und ½ 1h war ich am Berg, –
es war ein herrlicher sonniger Tag
– bloß windig. – aber herrlich
sah ich junge Bäume mit jungen
hellgrünen Knospen. – Zu
mittags nach 1h ging ich als
Aufführer auf die Wache 13 in
der Sarg’schen Kerzenfabrik.
Das Wachzimmer ist ein grüner
Raum wo verschiedene Heizrohre
durchlaufen, nebenan ist eine
Kantine wo gegen Marken
gutes Bier ausgeschenkt wird. –
einen [!] von den Posten muß
im Bezirksgericht als
Kassaposten aufgeführt werden.
– abends wurde über den Krieg
depatiert [!] – wie unlustig alle
Soldaten sind mit denen
ich bisher zusammen kam
ist ganz eigentümlich –
ein jeder wünscht ein Ende
des Krieges gleichgiltig [!] auf
welche Art. – speziell mir
ist es egal wo ich lebe, d. h. [das heißt]
welcher Nation ich angehöre,
||
besser unter welcher Nation ich lebe. –
Jedenfalls aber neige ich weit
mehr auf die drübere Seite,
also unsere Feinden – ihre Länder
sind viel interessanter als unsere
– dort gibt es wirklich Freiheit
– und Denkende mehr als bei
uns. Was soll man aber heute
über den Krieg sagen, – schade
um jede Stunde der Fortdauer.
Provenienz
Max Wagner, Wien
1954: Albertina, Wien (Legat)
1954: Albertina, Wien (Legat)
Erfasst in
Roessler 1921, S. 193/194;
Comini/Alb. Stud. 1966, S. 86-102, S. 97; Nebehay 1989, S. 175-188
Comini/Alb. Stud. 1966, S. 86-102, S. 97; Nebehay 1989, S. 175-188
Eigentümer*in
Autor*in
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien
Verknüpfte Objekte
(+-)
PURL: https://www.egonschiele.at/1004