Brief von Clemens Pausinger an Egon Schiele
Leopold Museum, Wien
ESDA ID
2947
Nebehay 1979
Nicht gelistet/Not listed
Bestandsnachweis
Leopold Museum, Wien, Inv. 7958
Ort
Wien
Datierung
24.03.1918 (inhaltlich)
Material/Technik
Tinte auf Papier
Maße
20,2 x 15,1 cm (Seite)
Transkription
IV Schleifmühlgasse 3
Palmsonntag
Lieber Herr Schiele!
Soeben war ich mit einem mir befreundeten
Herrn, welcher eine sehr hübsche
Kunstsammlung hat, und sich sehr
für Kunst und Künstler interessiert, zu
wiederholten Malen in Ihrer Ausstellung.
Derselbe, banquier [!] oder vielmehr Bankdirektor a. D. [außer Dienst]
M. Reichenfeld, würde sehr gerne
mehrere Zeichnungen von Ihnen erstehen.
Ich glaube, dass er vielleicht eine
ganze Collection kaufen würde;
||
Hauptsächlich glaube ich, Sujets,
welche nicht von Ihnen, in folge
ihrer erotischen Empfindungen, zur
öffentlichen Ausstellung gewählt
worden sind.
Ich habe dem Herrn Director M. R.
erzählt, dass Sie noch viele
Zeichnungen in Ihrem besitze [!] haben,
und gewillt wären, einige derselben
zu veräussern.
Wollen Sie die Güte haben, wenn
Ihnen unser besuch angenehm
sein kann, mich zu verständigen
||
an welchem Tage wir Sie in Ihrem
Atelier antreffen würden?
Womöglich vor Ostern, da ich
wenn dies möglich zu Ostern auf
8 Tage zu vereisen gedenke.
Sie können, Herr Schiele, glaube ich,
mit dem Erfolg Ihrer Ausstellung
sehr zufrieden sein.
ich komme ab und zu in gewählte
gesellschaftliche und kunstliebende
Kreise. Ueberall dreht sich
das Gespräch stundenlang um
die Ausstellung in der Secession; in erster
Linie um Ihre Kunst.
||
So wird lebhatftest für und gegen
gesprochen; aber das ist wohl
Ihr großer Erfolg ein starkes
Interesse nachgerufen zu haben,
und die Denkfähigkeit der Leute
aufgepeitscht zu haben.
Ein derartiger Erfolg ist viel
nachhaltiger und bedeutender
als den allgemeinen Beifall
errungen zu haben.
Mit meinen besten Grüssen
Ihr
Clemens Pausinger.
[Kuvert:]
Hochwohlgeboren
Herrn Egon Schiele
Hietzinger Hauptstrasse,
101
Wien (Hietzing)
Palmsonntag
Lieber Herr Schiele!
Soeben war ich mit einem mir befreundeten
Herrn, welcher eine sehr hübsche
Kunstsammlung hat, und sich sehr
für Kunst und Künstler interessiert, zu
wiederholten Malen in Ihrer Ausstellung.
Derselbe, banquier [!] oder vielmehr Bankdirektor a. D. [außer Dienst]
M. Reichenfeld, würde sehr gerne
mehrere Zeichnungen von Ihnen erstehen.
Ich glaube, dass er vielleicht eine
ganze Collection kaufen würde;
||
Hauptsächlich glaube ich, Sujets,
welche nicht von Ihnen, in folge
ihrer erotischen Empfindungen, zur
öffentlichen Ausstellung gewählt
worden sind.
Ich habe dem Herrn Director M. R.
erzählt, dass Sie noch viele
Zeichnungen in Ihrem besitze [!] haben,
und gewillt wären, einige derselben
zu veräussern.
Wollen Sie die Güte haben, wenn
Ihnen unser besuch angenehm
sein kann, mich zu verständigen
||
an welchem Tage wir Sie in Ihrem
Atelier antreffen würden?
Womöglich vor Ostern, da ich
wenn dies möglich zu Ostern auf
8 Tage zu vereisen gedenke.
Sie können, Herr Schiele, glaube ich,
mit dem Erfolg Ihrer Ausstellung
sehr zufrieden sein.
ich komme ab und zu in gewählte
gesellschaftliche und kunstliebende
Kreise. Ueberall dreht sich
das Gespräch stundenlang um
die Ausstellung in der Secession; in erster
Linie um Ihre Kunst.
||
So wird lebhatftest für und gegen
gesprochen; aber das ist wohl
Ihr großer Erfolg ein starkes
Interesse nachgerufen zu haben,
und die Denkfähigkeit der Leute
aufgepeitscht zu haben.
Ein derartiger Erfolg ist viel
nachhaltiger und bedeutender
als den allgemeinen Beifall
errungen zu haben.
Mit meinen besten Grüssen
Ihr
Clemens Pausinger.
[Kuvert:]
Hochwohlgeboren
Herrn Egon Schiele
Hietzinger Hauptstrasse,
101
Wien (Hietzing)
Provenienz
Vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Eigentümer*in
Autor*in
Empfänger*in
Erwähnte Person
Erwähnte Institution
Abbildungsnachweis
Leopold Museum, Wien
Ausstellungen
(+-)
-
XLIX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs SecessionVereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien, 01.03–01.04.1918
PURL: https://www.egonschiele.at/2947