Brief von Arthur Roessler an Hans Goltz
Albertina, Wien
ESDA ID
547
Nebehay 1979
435, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Bestandsnachweis
Verbleib unbekannt
Ort
Wien
Datierung
02.01.1913 (eigenhändig)
Material/Technik
Tinte auf Papier
Transkription
XI X/1 Billrothstrasse 6.
2. Januar 1913.
Herrn Buch- u. Kunsthändler Hans Goltz
München, Odeonsplatz 1
Sehr geehrter Herr Goltz –
ich war mit Arbeit derart überlastet, dass ich erst heute dazu kommen Ihren rabiaten Brief vom 29.XI. v. J. [vorigen Jahres] zu beantworten. [1] Vor allem will ich Ihnen sagen, dass es mich freute, Sie so temperamentvoll zu sehen; derlei ist immer ein Zeichen von Kraft. Und nun zu den einzelnen Punkten Ihres Schreibens.
Ad 1) Die Wiener Künstler bekamen von mir den Bescheid, dass sie sich künftig direkt mit Ihnen in Verbindung setzen mögen. Für mich würden aus den Bemühungen der Vermittlung doch stets nur Scherereien erwachsen.
Ad 2) Dass ich neuerdings wieder als Vertreter Schieles mich betätige, hat seinen Grund in einem diesbezüglichen Ersuchen Schieles. Es wird dies aber Ihnen gegenüber nicht mehr geschehen, zumal Sie, wie mir Sch. mitteilte, nunmehr mit ihm einen ordentlichen Vertrag schlossen. [2] Was ich Ihnen s. Z. [seinerzeit] schrieb und worüber Sie sich erregten, war nur das, was Sch. mich zu schreiben bat.
Ad 3) Die von Ihnen beanständete [!] „nachlässige Behauptung“ stützt sich auf schriftliche Mitteilungen Arnolds [3]. Ihre Vorwürfe treffen daher nicht mich.
Ad 4) Auf eine Sendung von „Neukunst“ unter den von Ihnen begehrten Bedingungen muss ich leider verzichten. Ich bin kein Händler, will mit den Werken der „Neukunst“ keine Geschäfte machen, kann daher die Frachtspesen nicht bezahlen.
Ad 5) Damit wir ganz ins Reine kommen: von den bei Ihnen befindlichen Gemälden Schiles [!], gehören einige Herrn Dr. Oskar Reichel, Wien, XI X/1 Chimanigasse 11, und zwar „Dame in Schwarz“, „die Selbstseher“, „Vision“ und „Madonna“ (Mutter mit Kind). [4] Der Gesamtpreis für diese Bilder ist Ihnen mit 1500 M.[ark] angegeben worden. Dr. Reichel, der s. Z. die Bilder auf Schieles Bitte hin als verkäuflich für die Ausstellung bei Ihnen darlieh, will nun endlich die Bilder oder das Geld für selbe haben. Der Besitzer, der in der Zwischenzeit einige neue Arbeiten von Sch. erwarb, erklärte sich bereit Ihnen die genannten 4 Stück zum Preis von 1200 M. zu überlassen. Falls Sie jedoch nicht darauf reflektieren, ersucht er um sofortige Zusendung an seine oben angegebene Adresse. Sie haben wohl die Freundlichkeit dem Verlangen in der einen oder anderen Weise zu entsprechen.
Möge das neue Jahr für Sie ein gutes sein!
Hochachtungsvoll grüssend:
[Arthur Roessler]
2. Januar 1913.
Herrn Buch- u. Kunsthändler Hans Goltz
München, Odeonsplatz 1
Sehr geehrter Herr Goltz –
ich war mit Arbeit derart überlastet, dass ich erst heute dazu kommen Ihren rabiaten Brief vom 29.XI. v. J. [vorigen Jahres] zu beantworten. [1] Vor allem will ich Ihnen sagen, dass es mich freute, Sie so temperamentvoll zu sehen; derlei ist immer ein Zeichen von Kraft. Und nun zu den einzelnen Punkten Ihres Schreibens.
Ad 1) Die Wiener Künstler bekamen von mir den Bescheid, dass sie sich künftig direkt mit Ihnen in Verbindung setzen mögen. Für mich würden aus den Bemühungen der Vermittlung doch stets nur Scherereien erwachsen.
Ad 2) Dass ich neuerdings wieder als Vertreter Schieles mich betätige, hat seinen Grund in einem diesbezüglichen Ersuchen Schieles. Es wird dies aber Ihnen gegenüber nicht mehr geschehen, zumal Sie, wie mir Sch. mitteilte, nunmehr mit ihm einen ordentlichen Vertrag schlossen. [2] Was ich Ihnen s. Z. [seinerzeit] schrieb und worüber Sie sich erregten, war nur das, was Sch. mich zu schreiben bat.
Ad 3) Die von Ihnen beanständete [!] „nachlässige Behauptung“ stützt sich auf schriftliche Mitteilungen Arnolds [3]. Ihre Vorwürfe treffen daher nicht mich.
Ad 4) Auf eine Sendung von „Neukunst“ unter den von Ihnen begehrten Bedingungen muss ich leider verzichten. Ich bin kein Händler, will mit den Werken der „Neukunst“ keine Geschäfte machen, kann daher die Frachtspesen nicht bezahlen.
Ad 5) Damit wir ganz ins Reine kommen: von den bei Ihnen befindlichen Gemälden Schiles [!], gehören einige Herrn Dr. Oskar Reichel, Wien, XI X/1 Chimanigasse 11, und zwar „Dame in Schwarz“, „die Selbstseher“, „Vision“ und „Madonna“ (Mutter mit Kind). [4] Der Gesamtpreis für diese Bilder ist Ihnen mit 1500 M.[ark] angegeben worden. Dr. Reichel, der s. Z. die Bilder auf Schieles Bitte hin als verkäuflich für die Ausstellung bei Ihnen darlieh, will nun endlich die Bilder oder das Geld für selbe haben. Der Besitzer, der in der Zwischenzeit einige neue Arbeiten von Sch. erwarb, erklärte sich bereit Ihnen die genannten 4 Stück zum Preis von 1200 M. zu überlassen. Falls Sie jedoch nicht darauf reflektieren, ersucht er um sofortige Zusendung an seine oben angegebene Adresse. Sie haben wohl die Freundlichkeit dem Verlangen in der einen oder anderen Weise zu entsprechen.
Möge das neue Jahr für Sie ein gutes sein!
Hochachtungsvoll grüssend:
[Arthur Roessler]
Anmerkungen
[1] ESDA ID 537.
[2] Siehe ESDA ID 539.
[3] Galerie Ernst Arnold, Dresden.
[4] Schwarzes Mädchen (Mädchen in Schwarz), 1911, K P200; Selbstseher I, 1910, K P174; Vision, 1911, K PXV; Madonna, 1911, K P199.
[2] Siehe ESDA ID 539.
[3] Galerie Ernst Arnold, Dresden.
[4] Schwarzes Mädchen (Mädchen in Schwarz), 1911, K P200; Selbstseher I, 1910, K P174; Vision, 1911, K PXV; Madonna, 1911, K P199.
Erfasst in
Abschrift: Albertina, Wien, ESA 788
Autor*in
Empfänger*in
Erwähnte Person
Erwähnte Institution
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien
Verknüpfte Objekte
(+-)
PURL: https://www.egonschiele.at/547