Brief von Egon Schiele an Anton Peschka
Brief von Egon Schiele an Anton Peschka Bild 1
Brief von Egon Schiele an Anton Peschka Bild 2
Leopold Museum, Wien
ESDA ID
133
Nebehay 1979
544
Bestandsnachweis
Leopold Museum, Wien, Inv. 7564
Datierung
12.07.1913 (eigenhändig)
Material/Technik
Schwarze Tinte auf Papier
Maße
22,5 x 17,6 cm (Seite)
Transkription
12. Juli 1913.

Lieber A. Peschka!
Es schmerzt mich daß ich Vorwürfe in diesem Maße, ohne
meine trüben Erlebnisse zu kennen, bekomme.
– Darum schreibe ich Dir; auch Gerti [1] weiß nicht,
wenn man auch glaubt daß mein Dasein das
freudigste ist, wie viel und wie schwere
seelische Leiden ich ertragen muß. – Ich weiß
nicht ob es überhaupt jemanden gibt, welcher mit
jener Wehmut an meinen edlen Vater [2]
sich erinnert; ich weiß nicht wer es verstehen
kann, warum ich gerade solche Orte aufsuche
wo mein Vater war, wo ich den Schmerz
in mir in wehmütigen Stunden absichtlich
erleben lasse. – Ich glaube an die Unsterblichkeit
aller Wesen, glaube daß ein Aufputz eine
Äußerlichkeit ist, das Andenken das mehr oder
weniger verwoben ist trage ich in mir. –
Warum malte ich Gräber? und viele ähnliche
Bilder? Weil das innig in mir fortlebt.
Blumen! Pflanzt Astern! ganz dicht. –
Das Geld ist der Teufel! – Was ich zu bekommen
habe, krieg ich nicht, nur einen Anzahlung und
was habe ich damit getan, nur was ich
nötig brauchte
||
ich war in Krumau weil es dort billiger
kommt als in Wien. ich war in München
weil ich nichts mehr hatte und bekam dort
100 MK [Mark] von Goltz [3] damit wollte ich
mich erfreuen. Nun kam dieses. –
Wenn ich habe werde ich tun was ich kann;
ich warte darauf.
Jedenfalls ist mir alles so bitter
gemacht daß es mich nicht freut
hier zu bleiben, obwohl der
Aufenthalt für mich doch nur
um doch eben wieder Geld zu
bekommen höchst nützlich ge-
wesen wäre.
Herzliche
Grüße
Egon.
Anmerkungen
[1] Gertrude Schiele (1894–1981).
[2] Adolf Schiele (1851–1905).
[3] Hans Goltz, Kunsthändler (1873–1927).
Provenienz
Provenienz lt. Nebehay 1979:
Verbleib unbekannt, als Quelle wird Roessler 1921, S. 102-103 angegeben.

vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Erfasst in
Roessler 1921, S. 102/103
Eigentümer*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Leopold Museum, Wien
PURL: https://www.egonschiele.at/133