Brief von Egon Schiele an Anton Peschka
Leopold Museum, Wien
ESDA ID
101
Nebehay 1979
1208
Bestandsnachweis
Leopold Museum, Wien, Inv. 7850
Datierung
30.05.1917 (eigenhändig)
Material/Technik
Schwarze Tinte auf Papier
Maße
19,2 x 14,8 cm
Transkription
30. Mai 1917.
Lieber A. P. – entschuldige daß ich Dir so
lange nicht geschrieben habe; – ich hatte sehr
viel Arbeit, denn es wurde mir die Zusammen-
stellung und Zuweisung für den „Bund österr.[eichischer] Künstler“
anvertraut und ich mußte, weil wir einen Saal
in der Kriegsausstellung [1] zugewiesen bekamen, fast
täglich in der Kriegsausstellung sein. – Außerdem
die Schwierigkeit mit welcher ich Bilder von Gütersloh,
Faistauer, Harta, Kolig, Eder, Jungnickel und
Rudolph [2] zusammenbrachte, alle sind doch keine
Kriegsmaler und die Bilder mußten irgend einen
auch entfernten Zusammenhang mit dem Krieg
haben. – Ich habe meine „Auferstehung“ [3] von der Galerie
Hauer [4] zurückgekauft und unter der Bezeichnung
„Heldengräber – Auferstehung“ Fragment für ein Mauso-
leum sind 20 Zeichnungen ausgestellt. – In den
nächsten Tagen schicke ich 8 große Bilder und 10 Zeichnun-
gen an die Sezession München, heuer im Glaspalast, auch
da habe ich sehr viel Arbeit und bin leider noch nicht
fertig. – Ich vermute daß es Dir, abgesehen von
der Eintönigkeit, gut geht. Ich glaube nicht daß der Krieg
noch heuer aus sein wird, – hast Du den Prozeß Adler
genau verfolgt, – das Interessanteste seit Kriegsbe-
ginn ! –
||
Sollte noch im Herbst durch eine glückliche Wendung
ein Friede kommen so habe ich vor so bald als
möglich nach Ragusa zu fahren und 6 Monate
dort zu bleiben um mich zu erholen und zu arbeiten.
– Es wäre der Winter übertaucht. – Dir mache
ich den Vorschlag vorerst die Idee Lehrer zu werden,
aus dem Kopf zu schlagen. – Jeder verkommt. –
Es wird schwieriger sein ein Künstler zu sein, aber
entschieden. – Spare wenn Dir halbwegs möglich
bis Kriegsschluß 1200–1500 K[ronen] und fahre mit mir
dann nach Ragusa, – dort arbeite, – wie Du
im ersten Jahr Krummau begonnen hast und
dann stelle eine Kollektion aus, das übrige
werde ich besorgen, – Kunsthändler, Käufer u. s. w.
In Ragusa soll es billig sein zu leben und dann
braucht man am Land nicht das wie in der Stadt.
Einige Bekannte wollen auch nach Ragusa fahren. –
Wir werden nicht allein sein. – Zeichne im Schützen-
graben, wenn Du 50 Blätter hättest könnte ich Dir
bei Arnot [5] eine Ausstellung machen und ich bin
überzeugt daß das Heeresmuseum kauft, wie
von Stadler. [6] – Schreibe bald!
Zeichne auf gleich großem Papier, – soll ich Dir Material
schicken? – wenn jemand nach Wien auf Urlaub
kommt, könnt er’s mitnehmen.
Freundlichste Grüße
EGON
SCHIELE
1917
Lieber A. P. – entschuldige daß ich Dir so
lange nicht geschrieben habe; – ich hatte sehr
viel Arbeit, denn es wurde mir die Zusammen-
stellung und Zuweisung für den „Bund österr.[eichischer] Künstler“
anvertraut und ich mußte, weil wir einen Saal
in der Kriegsausstellung [1] zugewiesen bekamen, fast
täglich in der Kriegsausstellung sein. – Außerdem
die Schwierigkeit mit welcher ich Bilder von Gütersloh,
Faistauer, Harta, Kolig, Eder, Jungnickel und
Rudolph [2] zusammenbrachte, alle sind doch keine
Kriegsmaler und die Bilder mußten irgend einen
auch entfernten Zusammenhang mit dem Krieg
haben. – Ich habe meine „Auferstehung“ [3] von der Galerie
Hauer [4] zurückgekauft und unter der Bezeichnung
„Heldengräber – Auferstehung“ Fragment für ein Mauso-
leum sind 20 Zeichnungen ausgestellt. – In den
nächsten Tagen schicke ich 8 große Bilder und 10 Zeichnun-
gen an die Sezession München, heuer im Glaspalast, auch
da habe ich sehr viel Arbeit und bin leider noch nicht
fertig. – Ich vermute daß es Dir, abgesehen von
der Eintönigkeit, gut geht. Ich glaube nicht daß der Krieg
noch heuer aus sein wird, – hast Du den Prozeß Adler
genau verfolgt, – das Interessanteste seit Kriegsbe-
ginn ! –
||
Sollte noch im Herbst durch eine glückliche Wendung
ein Friede kommen so habe ich vor so bald als
möglich nach Ragusa zu fahren und 6 Monate
dort zu bleiben um mich zu erholen und zu arbeiten.
– Es wäre der Winter übertaucht. – Dir mache
ich den Vorschlag vorerst die Idee Lehrer zu werden,
aus dem Kopf zu schlagen. – Jeder verkommt. –
Es wird schwieriger sein ein Künstler zu sein, aber
entschieden. – Spare wenn Dir halbwegs möglich
bis Kriegsschluß 1200–1500 K[ronen] und fahre mit mir
dann nach Ragusa, – dort arbeite, – wie Du
im ersten Jahr Krummau begonnen hast und
dann stelle eine Kollektion aus, das übrige
werde ich besorgen, – Kunsthändler, Käufer u. s. w.
In Ragusa soll es billig sein zu leben und dann
braucht man am Land nicht das wie in der Stadt.
Einige Bekannte wollen auch nach Ragusa fahren. –
Wir werden nicht allein sein. – Zeichne im Schützen-
graben, wenn Du 50 Blätter hättest könnte ich Dir
bei Arnot [5] eine Ausstellung machen und ich bin
überzeugt daß das Heeresmuseum kauft, wie
von Stadler. [6] – Schreibe bald!
Zeichne auf gleich großem Papier, – soll ich Dir Material
schicken? – wenn jemand nach Wien auf Urlaub
kommt, könnt er’s mitnehmen.
Freundlichste Grüße
EGON
SCHIELE
1917
Anmerkungen
[1] Kriegsausstellung, Kaisergarten im k. u. k. Prater, Wien, 19.05.–21.10.1917.
[2] Albert Paris Gütersloh (1887–1973); Anton Faistauer (1887–1930); Johannes Fischer (1888–1955); Felix Albrecht Harta (1884–1967); Anton Kolig (1886–1950); Hans Eder (1883–1955); Ludwig Heinrich Jungnickel (1881–1965); Arthur Rudolph (1885–1958).
[3] Auferstehung (Gräber), 1913, K P251.
[4] Franz Hauer, Gastwirt (1866–1914).
[5] Guido Arnot, Kunsthändler (1876–1946); Galerie Arnot, Wien.
[6] Arthur Stadler (1892–1937).
[2] Albert Paris Gütersloh (1887–1973); Anton Faistauer (1887–1930); Johannes Fischer (1888–1955); Felix Albrecht Harta (1884–1967); Anton Kolig (1886–1950); Hans Eder (1883–1955); Ludwig Heinrich Jungnickel (1881–1965); Arthur Rudolph (1885–1958).
[3] Auferstehung (Gräber), 1913, K P251.
[4] Franz Hauer, Gastwirt (1866–1914).
[5] Guido Arnot, Kunsthändler (1876–1946); Galerie Arnot, Wien.
[6] Arthur Stadler (1892–1937).
Provenienz
Provenienz lt. Nebehay 1979:
Privatbesitz, Wien; als Quelle wird Roessler 1921, S. 123-124 angegeben.
vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Privatbesitz, Wien; als Quelle wird Roessler 1921, S. 123-124 angegeben.
vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Erfasst in
Roessler 1921, S. 123/124; Leopold 1972, S. 578
Eigentümer*in
Autor*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Leopold Museum, Wien
Verknüpfte Objekte
(+-)
Ausstellungen
(+-)
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KriegsausstellungKaisergarten, k. u. k. Prater, Wien, 19.05.–21.10.1917
PURL: https://www.egonschiele.at/101