Brief von Anton Kolig an Egon Schiele
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Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung
ESDA ID
1748
Nebehay 1979
1679, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Bestandsnachweis
Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Inv. H.I.N. 159244
Ort
Nötsch im Gailtal
Datierung
21.08.1918 (eigenhändig)
Material/Technik
Schwarze Tinte auf Papier
Maße
27,3 x 21,6 cm (Seite)
9,2 x 11,9 cm
Transkription
Nötsch, am 21. August 1918

Lieber Schiele, – Ihr lieber Brief
enthebt mich der schwierigen Einleitung.
Ich freue mich darüber, daß sie ausstellen
wollen. Sie bekommen mit Wiegele
und mir einen Saal. Vielleicht können
Sie sechs größere Bilder aufbringen – wenn
ich raten darf – Ihre schönen Landschaften
und Portraits [durchgestr.: und] vorläufig nicht sehr nacktes,
da mir sehr daran liegt, dass wir in dieser
Ausstellung in jeder Beziehung gut abschneiden – es gilt einen
verhältnismäßig wenig verdorbenen Boden
für uns urbar zu machen. Es gibt hier Leute
von großem Einfluß und auch Mitteln, die
den Mut haben, sich für Modernes zu interessieren
und es zu protegieren, wie Sie ja aus meiner
Auftragsgeschichte ersehen.
Ihre anderen Nachrichten interessieren
mich lebhaft. Der Beitritt zum Hagenbunde
als Gruppe findet meine Billigung. Der Anbruch
ist mittelbar durch Isepp an mich herangetreten,
doch habe ich, konnte ich auch bisher kein Interesse
daran nehmen, da ich jetzt zwiefach gebunden
bin – einmal durch meinen Vertrag mit Moll
– zweitens durch meinen Auftrag, der mich noch
gut 1 ½ Jahre beschäftigen dürfte.
||
Über die Wiesbadener Ausstellung kann ich
mich noch nicht äußern. Es hängt vom Termin
ab, ob und mit was ich mittun kann. Ich
habe aber sehr wenig – denn die vier großen Tafeln,
die ich noch unfertig im Atelier habe werden wohl
kaum verfügbar, da sie zu dem Auftrag gehören
– ich würde nur sehr ungern Teile des Ganze[n] veröffent-
lichen – und was wohl die größte Schwierigkeit
darstellt – wäre erst die Einwilligung des Auf-
tragsgebers [!] einzuholen.
Ich habe Freude an meiner Arbeit und glaube
viel stärker zu sein als bisher. Ich leide nur sehr unter
der völligen Abgeschiedenheit.
Um Wiegeles Mittun werde ich mich nach
Möglichkeit bemühen. Es dürfte aber auch schwierig
sein. Erstens hat er soviel ich weiß im Herbst-Winter
eine Ausstellung in Wintertur [!], dann hat sich Cassierer [!]
für ihn interessiert und will ihn in Berlin zeigen –
und dann das lästige Ausfuhrverbot.
Ich schreibe an ihn und an Moll sofort, sobald
ich Genaueres über den Termin und die Bedingun-
gen weiß.
Eine Freundin aus Prag hat mir die erstaunliche
Mitteilung gemacht, daß sie dort Zeichnungen (ohne mein
Wissen und meine Zustimmung ausgestellt) von mir gesehen
hat. Ich habe auch keine Ahnung, was Sie für Zeichnungen
erworben haben! Etwa von Faistauer?
Ihr Anerbieten, ein Bild von mir zu erwerben –
ehrt mich sehr. Aber wir wollen warten, bis ich welche
auch mich befriedigende habe. Vielleicht sehen Sie schon
etwas in unserer nächsten Hagenbundausstellung
Herzliche Grüße Ihr Anton Kolig


[Kuvert:]
Herrn
Egon Schiele
Wien XIII.
Wattmanngasse 6
||
A. Kolig
Nötsch im Gailtale
Kärnten
Provenienz
Nachlass Hans Ankwicz-Kleehoven

1963:
Wienbibliothek im Rathaus
Autor*in
Unterzeichner*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung

Ausstellungen

(+-)
  • Ausstellung von Werken österreichischer Künstler [Titel unbekannt, nicht realisiert]
    Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Wiesbaden, geplant ab Oktober 1918
PURL: https://www.egonschiele.at/1748