Letter from Egon Schiele to Leopold Liegler
Albertina, Vienna
ESDA ID
1195
Nebehay 1979
1111
Credit line
Albertina, Vienna, Inv. ESA 960
Place
Mühling bei Wieselburg
Date
27th Sept. 1916 (handwritten)
Material/technique
Pencil, stamping ink on paper
Dimensions
21 x 34 cm (sheet)
Transcription
27. September 1916
Lieber Herr Liegler – ich konnte Sie nicht mehr anrufen, sind Sie nicht böse.
Ich war bei kaiserl.[ichem] Rat Rosenbaum VI. Gumpendorferstraße 87 (Wiener
Mode) wegen dem Kriegsfürsorgeamt. – R. kennt mich seit 1910 – ich
arbeitete damals für ihn – das Plakat der rote Kopf in meinem
Vorzimmer in Wien ist bei ihm gemacht, – er selbst war Kunstgewerbeschüler,
seinen Neffen? malte ich 1910 – auch erschien bei ihm 1910 das
schwarze Heft EGON SCHIELE von Paris von Gütersloh. – Was er im Kriegs-
fürsorgeamt ist weiß ich nicht – daß er dort ist weiß ich und auch ins
Ministerium des Innern kommt. – R. sagte mir folgendes: ich soll
ihm einen Brief schreiben worinnen ich mein Nationale, wo ich milit.[ärisch] bin
u.s.w. angebe, worinnen ich ihn um Fürsprache bitte, (anbei sollen
Entwürfe für Verschlußmarken u.s.w beiliegen), daß ich ständig
für das Kriegsfürsorgeamt von hier dorthin kommandiert werde
und besonders meine Mindertauglichkeit hervortreten lasse. –
Kaiserl. Rat Rosenb. zeigt dann Brief und Entwürfe seiner Durchlaucht
dem Fürsten Liechtenstein und schlägt mich vor; – der sagt dann
ja oder nein. – Nun möchte ich Sie noch rechtzeitig bitten, daß
noch womöglich vor Ankunft meiner Sendung für R., Sie
oder Herr Dr. Weixlgärtner mit Rosenb. über mich spricht und
ihm nochmals nahe legt, daß ich dort entschieden nützlicher und
angebrachter sein werde als hier, wo ich leicht ersetzlich bin, –
die Entwürfe will ich ja umsonst machen, außerdem fällt mir
verschiedenes ein was ich für den Zweck machen könnte Kalender (Kriegs)
Briefpapier (patriotisch) u.s.w – Vielleicht haben Sie nun die
Güte und schreiben mir, wenn noch möglich sofort hierher nach Mühling
was Sie darüber meinen und tun wollen und geschehen soll
und wird. –
Das Zweite ist die Kriegsausstellung – der Erbauer
Prof. Witzmann (einer von unsere Leut’) ist Oberleutnant
und war, als ich gestern von Wien weggefahren bin, noch immer
mitlit. abberufen. Er hat sein Atelier in XIII. St. Veitgasse, –
Teleph. No. 82.340 – dorthin müßten Sie, nachdem Sie vorher tele-
ph.[onisch] wissen ob er schon hier ist gehen und mit ihm sprechen – ich
kenne ihm [!] persönlich von Kegelabende[n] bei Hartmann
– Wenn die Ausstellung heute und nächstes Jahr eröffnet ist, so
wird verschiedenes zu tun sein – man schreibt daß die Räume
leer sind, – es fehlen also Panneau’s – die ich machen
||
könnte, Sonnenblumen oder andere Blumen, eventuell
zahme Figuren, Randleisten u.s.w die ich machen könnte
wenn mir, wenn möglich das Material zur Herstellung
beigestellt wird, – wenn nicht so nicht. –
ich lege am besten mein Schreiben welches ich an Prof. Witzmann
richte diesem Brief bei – und Sie gehen mit dem zu ihm.
– Was Sie tun werden und wollen und wann Sie hingehen
u.s.w. alles möchte ich wissen – und bitte Sie daher, mich
diesbezügl.[ich] entweder nach hierher zu verständigen oder
werden wir am Sonntag nachmittags wenn Sie zu mir
kommen alles besprechen können. – ich glaube
zumindest hoffen zu können umso mehr wenn Sie
selbst mit den Leuten reden werden.
Auf Wiedersehn Sonntag
EGON
SCHIELE
1916
ich schrieb dies schnell in der Kanzlei, daher mit Bleistift.
wenn Sie den Brief für Witzmann gelesen haben
so kleben Sie das Couvert zu bevor er ihn hat.
Lieber Herr Liegler – ich konnte Sie nicht mehr anrufen, sind Sie nicht böse.
Ich war bei kaiserl.[ichem] Rat Rosenbaum VI. Gumpendorferstraße 87 (Wiener
Mode) wegen dem Kriegsfürsorgeamt. – R. kennt mich seit 1910 – ich
arbeitete damals für ihn – das Plakat der rote Kopf in meinem
Vorzimmer in Wien ist bei ihm gemacht, – er selbst war Kunstgewerbeschüler,
seinen Neffen? malte ich 1910 – auch erschien bei ihm 1910 das
schwarze Heft EGON SCHIELE von Paris von Gütersloh. – Was er im Kriegs-
fürsorgeamt ist weiß ich nicht – daß er dort ist weiß ich und auch ins
Ministerium des Innern kommt. – R. sagte mir folgendes: ich soll
ihm einen Brief schreiben worinnen ich mein Nationale, wo ich milit.[ärisch] bin
u.s.w. angebe, worinnen ich ihn um Fürsprache bitte, (anbei sollen
Entwürfe für Verschlußmarken u.s.w beiliegen), daß ich ständig
für das Kriegsfürsorgeamt von hier dorthin kommandiert werde
und besonders meine Mindertauglichkeit hervortreten lasse. –
Kaiserl. Rat Rosenb. zeigt dann Brief und Entwürfe seiner Durchlaucht
dem Fürsten Liechtenstein und schlägt mich vor; – der sagt dann
ja oder nein. – Nun möchte ich Sie noch rechtzeitig bitten, daß
noch womöglich vor Ankunft meiner Sendung für R., Sie
oder Herr Dr. Weixlgärtner mit Rosenb. über mich spricht und
ihm nochmals nahe legt, daß ich dort entschieden nützlicher und
angebrachter sein werde als hier, wo ich leicht ersetzlich bin, –
die Entwürfe will ich ja umsonst machen, außerdem fällt mir
verschiedenes ein was ich für den Zweck machen könnte Kalender (Kriegs)
Briefpapier (patriotisch) u.s.w – Vielleicht haben Sie nun die
Güte und schreiben mir, wenn noch möglich sofort hierher nach Mühling
was Sie darüber meinen und tun wollen und geschehen soll
und wird. –
Das Zweite ist die Kriegsausstellung – der Erbauer
Prof. Witzmann (einer von unsere Leut’) ist Oberleutnant
und war, als ich gestern von Wien weggefahren bin, noch immer
mitlit. abberufen. Er hat sein Atelier in XIII. St. Veitgasse, –
Teleph. No. 82.340 – dorthin müßten Sie, nachdem Sie vorher tele-
ph.[onisch] wissen ob er schon hier ist gehen und mit ihm sprechen – ich
kenne ihm [!] persönlich von Kegelabende[n] bei Hartmann
– Wenn die Ausstellung heute und nächstes Jahr eröffnet ist, so
wird verschiedenes zu tun sein – man schreibt daß die Räume
leer sind, – es fehlen also Panneau’s – die ich machen
||
könnte, Sonnenblumen oder andere Blumen, eventuell
zahme Figuren, Randleisten u.s.w die ich machen könnte
wenn mir, wenn möglich das Material zur Herstellung
beigestellt wird, – wenn nicht so nicht. –
ich lege am besten mein Schreiben welches ich an Prof. Witzmann
richte diesem Brief bei – und Sie gehen mit dem zu ihm.
– Was Sie tun werden und wollen und wann Sie hingehen
u.s.w. alles möchte ich wissen – und bitte Sie daher, mich
diesbezügl.[ich] entweder nach hierher zu verständigen oder
werden wir am Sonntag nachmittags wenn Sie zu mir
kommen alles besprechen können. – ich glaube
zumindest hoffen zu können umso mehr wenn Sie
selbst mit den Leuten reden werden.
Auf Wiedersehn Sonntag
EGON
SCHIELE
1916
ich schrieb dies schnell in der Kanzlei, daher mit Bleistift.
wenn Sie den Brief für Witzmann gelesen haben
so kleben Sie das Couvert zu bevor er ihn hat.
Provenance
Max Wagner, Vienna
1954: Albertina, Vienna
1954: Albertina, Vienna
Owner
Author
Signee
Recipient
Mentioned person
Mentioned institution
Image credit
Albertina, Vienna
Bibliography
(+-)
-
Gütersloh 1911Albert Paris Gütersloh: “Versuch einer Vorrede”, in: Egon Schiele von Paris von Gütersloh, Vienna 1911, n. p. (exh. cat. Galerie Miethke, Vienna, 24th April–4th May 1911)
PURL: https://www.egonschiele.at/1195