Letter from Anton Kolig to Egon Schiele
Leopold Museum, Vienna
ESDA ID
2928
Nebehay 1979
Nicht gelistet/Not listed
Credit line
Leopold Museum, Vienna, Inv. 7938
Place
Nötsch im Gailtal
Date
18th Oct. 1918 (handwritten)
Material/technique
Ink on paper
Dimensions
26,8 x 21 cm (page)
Transcription
Nötsch, 18 Okt.[ober] 1918
Lieber Schiele!
Sei nicht böse, wenn ich Dir mit einem
Anliegen komme. Kennst Du vielleicht jemanden,
der die Gailtalerinnen kaufen würde? Ich weiß,
daß sie als Kostümbild nicht mein Letztes geben –
immerhin hat mir aber Moll [1] schon damals einen Vorschuß
auf 1500 K[ronen] gegeben. Derzeit kosten sie 2000 K.
Ich sage Dir in folgendem meine Beweggründe: Ein
Herr in Klagenfurt – steinreich – will sie unbedingt
haben; er ist aber so gemein geizig, daß er mich auf
1500 herunterdrücken will – jetzt weil er mich in
nicht guten Verhältnissen weiß. Es wäre mir also
eine große Genugtuung, wenn sich ein anderer Käufer
finden würde – vielleicht genügte bloß die Absicht, um
ihn dann nur so fester daraufzuhetzen.
Vielleicht genügte die Anfrage von Wien, ob noch ein vekäuf-
liches Bild von mir und unter welchen Erstehungsbedingungen [!]
das ist. Es liegt mir viel daran, das Bild in seinem Hause
zu wissen – aber mich ärgert dieses Feilschen sehr.
Was wird jetzt aus Eurer Kollektion, die nach
Wiesbaden hätte gehen sollen? [2]
Ich male an einem Bilde, das mir Freude
bereitet – aber ich bin sehr beunruhigt, daß die
Friedensfrage auf die Spitze getrieben wird und wieder
umfällt – dann steht die Aufhebung sämmtlicher [!]
Enthebungen in Sicht. Es ist eine ganz böse Zeit für ein
konzentriertes Arbeiten noch dazu in meiner trostlosen
Verlassenheit.
Du hast mir erzählt, daß du mir Zigaretten abgeben
könntest. Wenn es Dir nicht zuviel Mühe macht – so sende
mir vielleicht eine Schachtel à 100 Stück – und ziehst die
Kosten sammt [!] den übrigen Auslagen (Photographie etc) von
der zu verkaufenden Rechnung ab – allerdings …. wenn Du sie
ev.[entuell] zurücklegen im Stande bist. Herzlichste Grüße Dein A. Kolig
[Kuvert:]
Herrn
Egon schiele
Wien XIII
Wattmanngasse 6
||
Kolig Nötsch/Gail
Kärnten
Lieber Schiele!
Sei nicht böse, wenn ich Dir mit einem
Anliegen komme. Kennst Du vielleicht jemanden,
der die Gailtalerinnen kaufen würde? Ich weiß,
daß sie als Kostümbild nicht mein Letztes geben –
immerhin hat mir aber Moll [1] schon damals einen Vorschuß
auf 1500 K[ronen] gegeben. Derzeit kosten sie 2000 K.
Ich sage Dir in folgendem meine Beweggründe: Ein
Herr in Klagenfurt – steinreich – will sie unbedingt
haben; er ist aber so gemein geizig, daß er mich auf
1500 herunterdrücken will – jetzt weil er mich in
nicht guten Verhältnissen weiß. Es wäre mir also
eine große Genugtuung, wenn sich ein anderer Käufer
finden würde – vielleicht genügte bloß die Absicht, um
ihn dann nur so fester daraufzuhetzen.
Vielleicht genügte die Anfrage von Wien, ob noch ein vekäuf-
liches Bild von mir und unter welchen Erstehungsbedingungen [!]
das ist. Es liegt mir viel daran, das Bild in seinem Hause
zu wissen – aber mich ärgert dieses Feilschen sehr.
Was wird jetzt aus Eurer Kollektion, die nach
Wiesbaden hätte gehen sollen? [2]
Ich male an einem Bilde, das mir Freude
bereitet – aber ich bin sehr beunruhigt, daß die
Friedensfrage auf die Spitze getrieben wird und wieder
umfällt – dann steht die Aufhebung sämmtlicher [!]
Enthebungen in Sicht. Es ist eine ganz böse Zeit für ein
konzentriertes Arbeiten noch dazu in meiner trostlosen
Verlassenheit.
Du hast mir erzählt, daß du mir Zigaretten abgeben
könntest. Wenn es Dir nicht zuviel Mühe macht – so sende
mir vielleicht eine Schachtel à 100 Stück – und ziehst die
Kosten sammt [!] den übrigen Auslagen (Photographie etc) von
der zu verkaufenden Rechnung ab – allerdings …. wenn Du sie
ev.[entuell] zurücklegen im Stande bist. Herzlichste Grüße Dein A. Kolig
[Kuvert:]
Herrn
Egon schiele
Wien XIII
Wattmanngasse 6
||
Kolig Nötsch/Gail
Kärnten
Annotations
[1] Carl Moll (1861–1945).
[2] Nicht realisierte, nicht näher bezeichnete Ausstellung von Werken neuer österreichischer Künstler*innen, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, geplant ab Oktober 1918.
[2] Nicht realisierte, nicht näher bezeichnete Ausstellung von Werken neuer österreichischer Künstler*innen, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, geplant ab Oktober 1918.
Provenance
Vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Owner
Author
Recipient
Mentioned person
Mentioned institution
Image credit
Leopold Museum, Vienna
Exhibitions
(+-)
-
Exhibition of works by Austrian artists [title unknown, not implemented]Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Wiesbaden, planned from October 1918
PURL: https://www.egonschiele.at/2928