Letter from Egon Schiele to Arthur Roessler
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection
ESDA ID
444
Nebehay 1979
321
Credit line
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection, Inv. H.I.N. 180663
Date
3rd March 1912 (note from the recipient)
Material/technique
Black ink on paper
Dimensions
16,8 x 12,9 cm (page)
16,8 x 25,8 cm
16,8 x 25,8 cm
Transcription
Lieber R.-R! also in der Münchner Sezession
hab ich auch ausgestellt. [1] – Dr. R. [2] will mir
natürlich nicht das Bild [3] borgen, ich brauche
es aber ganz notwendig; er hat es
mir einigemale versprochen mir’s für
eine Wiener Ausstellung zu leihen und
ich habe es ihm auch nur unter der
Bedingung gegeben, es wäre also eine
zweite Frechheit das mein Bild nicht her-
zugeben, ich bitte Sie, Sie werden doch
mit ihm darüber sprechen; ich bin doch auf
„meine Arbeit“ angewiesen. – Ich weiß
nicht was Sie dazu sagen, über den
Brief den ich ihm schrieb, wahrscheindlich [!]
würden Sie mir nicht Recht geben. –
Was würden Sie tun? – wenn jemand
Ihnen, d. h. [das heißt] hinter Ihnen erzählt daß
man Ihnen Geld schenkt; ich werde niemals
vergessen können daß ein Mensch der
einen van Gogh [4] hat so roh sprechen kann;
||
ich muß ihm das ganze Verständnis, besonders
für van Gogh verneinen; Sammler
ist jeder Botaniker. – Wirklich bin
ich so stolz! – Hätte er mir „erbettelt“
gesagt so hätte ich mich gezwungen
dies als einen Witz aufzunehmen; Er
sagte es aber Osen [5] und ich muß
daran denken, auch vielen anderen.
wenn es wirklich wahr wäre, so würde
es doch noch besser aussehn. – Ich
bin nicht Oppenheimer, [6] der ist zu
spassig wenn’s Solches gibt.
Grüße Sie! Egon Schiele.
Nicht wahr Sie geben mir die Bilder
für den Hagenbund: [7]
Tote Mutter [8]; Herbsttag: mit den zwei
Bäumen und gelben Zaun; [9] Tote Stadt
rechts vom Selbstporträt; Selbstporträt;
Stadt am blauen Fluß das der Benesch [10] hatte; [11]
Ruine, [12] irgend ein Rathaus. [13]
hab ich auch ausgestellt. [1] – Dr. R. [2] will mir
natürlich nicht das Bild [3] borgen, ich brauche
es aber ganz notwendig; er hat es
mir einigemale versprochen mir’s für
eine Wiener Ausstellung zu leihen und
ich habe es ihm auch nur unter der
Bedingung gegeben, es wäre also eine
zweite Frechheit das mein Bild nicht her-
zugeben, ich bitte Sie, Sie werden doch
mit ihm darüber sprechen; ich bin doch auf
„meine Arbeit“ angewiesen. – Ich weiß
nicht was Sie dazu sagen, über den
Brief den ich ihm schrieb, wahrscheindlich [!]
würden Sie mir nicht Recht geben. –
Was würden Sie tun? – wenn jemand
Ihnen, d. h. [das heißt] hinter Ihnen erzählt daß
man Ihnen Geld schenkt; ich werde niemals
vergessen können daß ein Mensch der
einen van Gogh [4] hat so roh sprechen kann;
||
ich muß ihm das ganze Verständnis, besonders
für van Gogh verneinen; Sammler
ist jeder Botaniker. – Wirklich bin
ich so stolz! – Hätte er mir „erbettelt“
gesagt so hätte ich mich gezwungen
dies als einen Witz aufzunehmen; Er
sagte es aber Osen [5] und ich muß
daran denken, auch vielen anderen.
wenn es wirklich wahr wäre, so würde
es doch noch besser aussehn. – Ich
bin nicht Oppenheimer, [6] der ist zu
spassig wenn’s Solches gibt.
Grüße Sie! Egon Schiele.
Nicht wahr Sie geben mir die Bilder
für den Hagenbund: [7]
Tote Mutter [8]; Herbsttag: mit den zwei
Bäumen und gelben Zaun; [9] Tote Stadt
rechts vom Selbstporträt; Selbstporträt;
Stadt am blauen Fluß das der Benesch [10] hatte; [11]
Ruine, [12] irgend ein Rathaus. [13]
Annotations
[1] Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession, Verein bildender Künstler Münchens, 02.03.–20.04.1912. Ausgestellt waren die Gemälde: Jesuiten, 1911, K P197; Prozession, 1911, K P198.
[2] Oskar Reichel, Internist (1869–1943).
[3] Unklar, welches Gemälde hier gemeint ist.
[4] Vincent van Gogh (1853–1890).
[5] Erwin Osen (1891–1970).
[6] Max Oppenheimer (1885–1954).
[7] Frühjahrsausstellung, Hagenbund, Wien, 23.03.–ca. 31.07.1912.
[8] Tote Mutter I, 1910, K P177.
[9] Heinrich Benesch (1862–1947).
[10] Möglicherweise Baum hinter einem Zaun, 1912, K P238.
[11] Unklar, welche Gemälde hier genau gemeint sind.
[12] Ruine, 1911/12, K PXXIII.
[13] Schiele malte das Krumauer Rathaus öfter: K P182, P210, P214; unklar, welches gemeint ist.
[2] Oskar Reichel, Internist (1869–1943).
[3] Unklar, welches Gemälde hier gemeint ist.
[4] Vincent van Gogh (1853–1890).
[5] Erwin Osen (1891–1970).
[6] Max Oppenheimer (1885–1954).
[7] Frühjahrsausstellung, Hagenbund, Wien, 23.03.–ca. 31.07.1912.
[8] Tote Mutter I, 1910, K P177.
[9] Heinrich Benesch (1862–1947).
[10] Möglicherweise Baum hinter einem Zaun, 1912, K P238.
[11] Unklar, welche Gemälde hier genau gemeint sind.
[12] Ruine, 1911/12, K PXXIII.
[13] Schiele malte das Krumauer Rathaus öfter: K P182, P210, P214; unklar, welches gemeint ist.
Provenance
Nachlass Arthur Roessler
1956, 1963, 1969:
Wienbibliothek im Rathaus
1956, 1963, 1969:
Wienbibliothek im Rathaus
Recorded in
Roessler 1921, S. 64/65; Husslein-Arco/Kallir 2011, S. 218/219, Abb. 9, S. 232
Author
Recipient
Mentioned person
Mentioned institution
Image credit
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection
Linked objects
(+-)
Exhibitions
(+-)
-
Frühjahr-Ausstellung der Münchener SecessionMunich Secession, Munich, 2nd March–20th April 1912
-
FrühjahrsausstellungHagenbund, Zedlitzhalle, Vienna, 23rd March–c. 31st July 1912
PURL: https://www.egonschiele.at/444