Letter from Heinrich Benesch to Arthur Roessler
Letter from Heinrich Benesch to Arthur Roessler Bild 1
Letter from Heinrich Benesch to Arthur Roessler Bild 2
Letter from Heinrich Benesch to Arthur Roessler Bild 3
Letter from Heinrich Benesch to Arthur Roessler Bild 4
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection
ESDA ID
383
Nebehay 1979
259, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Credit line
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection, Inv. H.I.N. 146744
Place
Vienna
Date
22nd Sept. 1911 (handwritten)
Material/technique
Black ink on paper
Dimensions
17,2 x 13,3 cm (page)
Transcription
Wien, am 22. September 1911.

Hochverehrter Herr Roessler!

Ich freue mich sehr, Sie wohlbehal-
ten wieder in Wien zu wissen,
denn, wie man aus dem Falle
„Fürsth“ sehen konnte, haben See-
bäder oft recht unangenehme Ei-
genschaften.
Ich würde Sie nun sehr gerne
bald wiedersehen, weiß aber augen-
blicklich nicht, wann dies wird sein
können. Denn außer meinen
normalen Arbeitsstunden habe ich
||
aushilfsweise den Unterricht
in unserer Aspirantenschule zu
besorgen, der mich täglich von 4–6
Nachm.[ittag], an Sonn- und Feiertagen
von ½ 11–12 beschäftigt. Die Sache
war ursprünglich nur für 14
Tage gedacht, scheint sich aber nun
bis Ende Oktober hinausziehen zu
wollen. Sobald ich dieses Hindernis
los bin, werde ich mich sofort bei Ihnen
anmelden und Sie nach Maßgabe
Ihrer freien Zeit um eine Zusam-
menkunft bitten.
||
Das Bild, welches ich von Schiele gekauft
habe, [2] ist ähnlich der Brettchen, welche er
für Cassierer [1] gemalt hat; eine
Darstellung eines Stadtteiles von
Krumau, allerdings in sehr freier
Auffassung. Das Bildchen habe ich
schon in Krumau gesehen, doch hat sich
der Kauf erst während meines Ur-
laubsaufenthaltes in St. Gertraud auf
schriftlichem Wege vollzogen. [3] Näheres
hierüber werde ich Ihnen mündlich
mitteilen.
Leider habe ich bei meinen An-
käufen immer nur ein bischen [!] Pech.
||
Das Bildchen ist nämlich größtenteils
mit Wasserfarben gemalt, die beim Fir-
nissen, welches Schiele besorgte, etwas
zusammengeronnen sind, so daß Flecken
entstanden sind. Sie stören zwar
nicht wesentlich, beeinträchtigen aber doch
ein wenig die Schönheit des Bildes.
Trotz alledem stehe ich mehr als
je im Banne Schiele’s.
Ich werde also, wie erwähnt, Sie
hochverehrter Herr Roessler, von der
Änderung meiner Diensteinteilung
seinerzeit sofort verständigen.
Vorderhand verbleibe ich mit Handküssen
an Frau Gemahlin [4]
Ihr aufrichtig hochschätzender
Benesch
Annotations
[1] Paul Cassirer, Kunsthändler (1871–1926).
[2] Nicht identifiziert.
[3] Siehe ESDA ID 366; ESDA ID 369.
[4] Ida Roessler (1877–1961).
Provenance
Nachlass Arthur Roessler

1956, 1963, 1969:
Wienbibliothek im Rathaus
Image credit
Wienbibliothek im Rathaus, Manuscript Collection

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(+-)
PURL: https://www.egonschiele.at/383