Letter from Egon Schiele to Carl Reininghaus
Letter from Egon Schiele to Carl Reininghaus Bild 1
Letter from Egon Schiele to Carl Reininghaus Bild 2
Leopold Museum, Vienna
ESDA ID
61
Nebehay 1979
508, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Credit line
Leopold Museum, Vienna, Inv. 7570
Date
1st June 1913 (handwritten)
Material/technique
Black ink on paper
Dimensions
22,6 x 17,7 cm
Transcription
1. Juni 1913.

Lieber Herr Reininghaus!
Es ist richtig, Sie gaben mir im Vorjahr 1800 K[ronen]
während ich Ihnen das bestimmte Porträt eines
Malers [1] gab und wenigstens 15 Zeichnungen.
Das Porträt bitte: 400 K
15 Zeichnungen: 225 K
625 K

Ihr Guthaben beträgt demnach: 1175 K.

Vielleicht gehen Sie auf meinen folgenden Vorschlag ein:
Sie erinnern sich gewiß an das neue Bild mit den
Schreitenden und Propheten, die „Bekehrung“ [2]; es
ist 200 cm x 300 cm groß und ich erinnere mich, daß
Ihnen dieses Bild am besten gefallen hat; freilich
ist es lange noch nicht fertig und ich möchte anbei voraus-
schicken, wann Sie die Absicht hätten dieses für Ihr
Guthaben und eine Aufzahlung erwerben zu wollen,
mir die Fertigstellung dieses bis längstens Herbst
frei zu lassen und die Ausstellung zu erlauben;
natürlich ist es nicht ausgeschlossen daß ich dieses
in einem Monat schon vollendet habe. –

Ich halte dieses für eines der besten die ich bisher überhaupt
machte und außerdem würde es mich freuen, wenn
Sie eine reife bezeichnende Arbeit, wo ich weiß daß sie
gut ist, und mit den innigsten Empfindungen gearbeitet ist, in
||
Ihrer Galerie zu sehen. – Wie weit Sie mit mir ge-
gangen sind weiß ich jetzt noch nicht, nur weiß ich
daß Sie Freude daran haben werden; darum
setze ich den Preis um vieles zurück und glaube
nicht unrecht zu tun, wenn ich dafür 2000 K begehre.

Hinzufügen will ich und Sie erinnern, daß Sie mir im
Jahr 1910 wo ich erst begann und ich lange noch
nicht so entwickelt war, für ein Bild [3] 150 cm x 150 cm
und (16 ?) Zeichnungen 1200 K gaben.

Vielleicht gefällt Ihnen mein Vorschlag.
Es blieben also 825 K für Sie zum Zahlen; wo es mir
gleich bliebe ob Sie mir dieses jetzt oder nach Vollendung
des Bildes geben würden. – Bitte sprechen Sie Sich aus.

Mit herzlichsten Grüßen auf Wiedersehen.

Egon Schiele

[Vermerk des Empfängers:]
Ja, aber nicht als Bezahlung, sondern
als Encouragement.
Annotations
[1] Bildnis des Malers Karl Zakovsek, 1910, K P160.
[2] Die Bekehrung, 1913, K PXLIII.
[3] Wohl eines der folgenden Gemälde aus 1910: Kniender männlicher Akt mit erhobenen Händen (Selbstbildnis), K P168; Stehender weiblicher Akt mit verschränkten Armen (Gertrude Schiele), K P169; Stehender männlicher Akt, die Hände in die Hüften gestemmt (Selbstbildnis), P171; Sitzender Männerakt (Selbstdarstellung), P172; Stürmer, PXIV.
Provenance
Provenienz lt. Nebehay 1979:
Verbleib unbekannt, als Quelle wird Leopold 1979, S. 612 angegeben.

vor 2023: Privatsammlung
2023: Leopold Museum-Privatstiftung (Ankauf)
Recorded in
Leopold 1972, S. 612
Image credit
Leopold Museum, Vienna

Linked objects

(+-)
PURL: https://www.egonschiele.at/61