1908

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Leopold Museum, Vienna, Inv. 5423 (letter), 5432 (envelope)

Vienna

1st Aug. 1913 (handwritten)

Black ink on paper

14,2 x 11,1 cm (page)
7,9 x 11,7 cm (envelope)

Freitag 1. August 1913.
Lieber Herr Hauer! Wenn Sie
können, so besuchen Sie mich entweder
morgen Samstag nachmittags
von 1h–6h oder, besser
Sonntag von 10h–6h in der
Werkstätte. Ob bis dorthin bestimmt
das Bild fertig ist kann ich
nicht sicher sagen, ich glaube.
– Der Maler A. Peschka
war vor einiger Zeit bei Ihnen
und wollte, daß Sie Bilder die
in der Sezession stehen ansehn.
– Kurz will ich Ihnen einiges
über Peschka sagen. Wir,
Peschka, Faistauer, und ich gehörten
in der Akademie zu den Radi-
kalsten. Faistauer und Peschka
waren vorher schon in einer
||
Malschule gute Freunde, Faistauer
wohnte obwohl Peschka selbst
nichts hatte einige Zeit bei
ihm. – In der Akademie lernten
wir uns kennen (1908).
Peschka besuchte mich oft, ich
porträtierte ihn und das Bild
war in der Kunstschau 1909
ausgestellt. Wir gingen im
Sommer 1909 und 1910
nach Krummau [!]. – Eben zu
der Zeit im Winter malte Peschka
bei mir im Atelier; Klimt sah
seine Bilder und meinte daß
man ihn bringen müsse.
Peschka aber will nicht aus-
stellen, die Bilder die er
malt, malt er für sich. –
||
Er ist einer von den aufrichtig-
sten Menschen die ich je kennen
gelernt habe; darum hoffte
ich, daß aus ihm was Leben-
diges kommt. – Meiner
Ansicht und meinem Empfinden
ist Peschka mehr Künstler als
Faistauer, er kann nicht,
während Faistauer kann.
Er lebt primitiv und ich bin
bis jetzt der Einzige der ihm
hilft, jedenfalls soll man
ihm helfen, er will mit uns
fortfahren auf ein Monat
um zu malen, denn sonst
muß er von 8–6 in der
Oper wo er, damit er
leben kann, Dekorationen
||
malen. – Er hat einige
Bilder zu mir gebracht,
ansehen können Sie’s ja, nicht
wahr?

Herzlichste Grüße
Egon Schiele.


[Kuvert:]
Herrn Franz
Hauer
Wien XIX
Silbergasse 40.
||
Egon Schiele
Wien XIII.
Hauptstr.[aße] 101.

Franz Hauer, Wien
Sammlung Hauer, Schloß Lengenfeld
2009: Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (Schenkung)

Hauer 1996, S. 212

Leopold Museum, Vienna